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Marlies Förster


Marlies Förster © privat
Marlies Förster
1946
Scherfede
Bonn
Prosa, Lyrik

Pressedaten

Erläuterungen und Bedingungen

Pressefotos und Logos zum Download in der Datenbank LITon.NRW

Das Westfälische Literaturbüro in Unna e.V. pflegt im Rahmen der NRW-Literatur-Online-Datenbank LITon.NRW (ehemals www.nrw-literatur-im-netz.de) seit Herbst 2003 eine Foto-Datenbank mit hochauflösenden Fotos von Autor*innen sowie Fotos und Logos von literarischen Institutionen und Projekten aus NRW. Der Service richtet sich an Medien und Literaturveranstalter*innen, die auf diese Weise unkompliziert an Pressefotos und/oder Logos gelangen können. Dieser Service ist (in der Regel) kostenlos. Wenn ein*e Autor*in / eine Institution / ein Projekt Pressefotos bzw. Logos zur Verfügung gestellt hat, ist unter dem jeweiligen Profilfoto das bzw. die entsprechende/n Symbol/e aktiv (anklickbar). Klickt man darauf, klappt bei den Pressefotos ein neues Menü aus, worüber sich das/die Foto/s herunterladen lassen; bei den Logos öffnet sich direkt ein neues Fenster, worüber diese direkt heruntergeladen werden können. Einem Download steht nichts entgegen, wenn die folgenden Nutzungsbedingungen akzeptiert werden:

Alle Rechte vorbehalten. Die Bildmaterialien dürfen lediglich für die redaktionelle Berichterstattung bzw. von Veranstalter*innen für ihre Öffentlichkeitsarbeit unter Angabe des Copyrights bzw. des*der Urhebers*Urheberin (falls im Datensatz angegeben) honorarfrei verwendet werden. Andere Nutzungen, insbesondere jede Art von kommerzieller Verwendung des vorliegenden Materials außerhalb der Medienberichterstattung oder Veranstaltungswerbung, ist ausdrücklich untersagt. Mit dem Download von Fotos bzw. Logos stimmt der*die Nutzer*in dieser Regelung ausdrücklich zu.

Infos für Autor*innen, literarische Institutionen und Projekte

Für die Bereitstellung von Fotos und Logos im Download-Bereich von LITon.NRW entstehen Autor*innen, literarischen Institutionen und Projekten keinerlei Kosten. Die Zurverfügungstellung des Fotos und/oder Logos erfolgt jedoch prinzipiell honorarfrei. Auch das Westfälische Literaturbüro in Unna e.V. als Betreiber der NRW-Literatur-Online-Datenbank stellt potenziellen Nutzer*innen dieses Services keinerlei Kosten in Rechnung. Es wird lediglich ein möglichst einfaches Verfahren angeboten, schnell an Fotos bzw. Logos für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu gelangen. Das Westfälische Literaturbüro übernimmt aus diesem Grunde auch keinerlei Haftung, falls die Download-Fotos/-Logos nicht für den Zweck der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Veranstalter*innen u.ä. genutzt werden.

Pressebild(er)

Marlies Förster © privat
Copyright
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Arbeitsproben (23)

 

SONNENZEIT

Ich schreibe vom Schimmern
des Weidenkätzchens
vom Wirbeln des Windes im Kreis

ich schreibe vom Himmel
und seinen Farben
von Sonne und Regen zugleich

ich schreibe vom Abglanz
des Regenbogens
vom Echo des Vogelgesangs

ich schreibe im Bannkreis
der Sonnenuhren
berauscht von der Langmut der Zeit

Aus: Sonnenzeit. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.


TIHANGE

Kleine Kinder glauben
dass ihnen die Welt gehört
wenn sie groß sind
haben sie Superkraft
und im Ernstfall
einen Zauberspruch

Erwachsene glauben
dass ihnen die Welt gehört
weil sie groß sind
haben sie  Atomkraft
und im Ernstfall
Jod-Tabletten

kleine Kinder glauben
dass sie unsichtbar sind
wenn sie die Augen schließen
sind sie in Sicherheit
und im Ernstfall
gar nicht da

Aus: Sonnenzeit. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.


DAS UND NOCH MEHR

Was ist schon Liebe
Einverständnis ist alles
Wohlwollen noch mehr

was ist schon Liebe
Fürsorge ist alles
Loslassen ist schwer

was ist schon Liebe
Trauer ist alles
das Leben ist leer

was ist schon Liebe
Erinnern ist alles
ist Wiederkehr

was ist schon Liebe
Liebe ist alles
das und noch mehr

Aus: Sonnenzeit. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.


WEGZEICHEN

Es führt kein Weg vorbei
einmal dabei
weiß keiner
wo's langgeht

wir irren umher
mal kreuz und mal quer
weiß keiner
wo's hingeht

ich weiß nur so viel
der Weg ist das Ziel
auch das Leben
verläuft sich

Aus: Wegzeichen. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2018.


AUSRUFEZEICHEN

Alles vollbracht
der Sommer zu Ende
alles vollbracht
die Ernte in Sicht

alles getan
der Tag geht zu Ende
alles getan
die Sterne in Sicht

alles geschafft
das Leben zu Ende
alles geschafft
das Sterben in Sicht

alles versucht
die Weisheit am Ende
papperlapapp
kein Merksatz in Sicht!

Aus: Wegzeichen. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2018.


LIBELLENTANZ

Eine Handbreit überm Wasser
auf und nieder
ohne Anfang und Ende

im Auf und im Nieder
ineinander versunken
eine Handbreit darunter

ein einziger Schatten
mal mehr und mal weniger
Wasser Liebe und Licht

Aus: Libellentanz. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2017.


GLÜCKSUCHE

Du weißt nicht wie
du weißt nicht was
du sehnst dich nur
nach irgendwas

was du auch tust
du ahnst es längst
es ist das Glück
wonach du drängst

du willst es haben
jetzt sofort
es soll dann bleiben
immerfort

schnell greifst du zu
und hältst es fest
mit einem Mal
du ahnst es längst

ist es banal
wonach du drängst
war ein Phantom
du siehst ganz klar

das Glück es war
zu wunderbar
ein Leben lang
nicht aushaltbar

Aus: Libellentanz. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2017.


NOTSTAND

Beim Frühstück schon
Lamentoklänge
das Radio ächzt
so vor sich hin

beim Frühstück schon
Flüchtlingsgedränge
Bomben und Krieg
wo führt das hin

beim Frühstück schon
Entsorgungszwänge
die Kaffeekapsel
wo kommt die hin

beim Frühstück schon
Hiobsgesänge
die Not hält  an
wo soll sie hin

beim Frühstück schon
Weltuntergänge
der Honig kleckert
überall hin

beim Frühstück schon
Fanfarenklänge
aber der Kaffee schmeckt
das immerhin

Aus: Kartenhaus. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2016.


MAHLZEIT

Das Körnchen Wahrheit
hat einen bitteren
Beigeschmack
man wird ihn nicht los

das ganze Essen
schmeckt danach
etwas billig
Gourmets mögen das nicht

das Körnchen Wahrheit
in jedem Vorurteil
ist einfach zu penetrant
in aller Munde

Aus: Kartenhaus. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2016.


UNTERDRÜCKUNG

Unter dem Druck der Mächtigen
wird der Wille zerrieben
bis kein Aufstand mehr möglich ist

unter dem Druck der Verhältnisse
wird die Gerechtigkeit verformt
bis der Anstand verloren geht

unter dem Druck der Umstände
zerbröselt das Leben bis nur noch
Alltag übrig bleibt

Aus: Kartenhaus. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2016.


FRÜHLING

Wo hast du nur das ganze Gelb
Weiß Rosa her in welcher Hexen-
küche hast du dich rumgetrieben

wo hast du nur das ganze Blau
Weiß Lila her mit welchem Hexen-
meister hast du dich eingelassen

und wie um alles in der Welt
hast du dieses Grün gezaubert so weit
die Wiese reicht saftsatte Pracht

wo hast du nur die vielen schönen
Blumen her welche Elfenfee
hast du becirct

sag wo in Gottes Namen
hast du diesen Himmel her?

Aus: Wegwarte. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2015.


SONNENBLUMEN

Wie diese schlanken hochgewachsenen
jungen Mädchen stehn sie da
leicht vornübergebeugt etwas
verunsichert warten sie

wie liebreizende zerbrechliche
Statuen stehn sie da
Wind und Wetter und jedem
beliebigen Ansturm ausgesetzt

voller Erwartung stehn sie da
lächeln vertrauensselig
werden bei nächstbester Gelegenheit
von irgendwelchen Wildfremden

im Vorbeigehen geknickt

Aus: Wegwarte. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2015.


BESTANDSAUFNAHME

Das Laub hält goldgelb flirrend
die Sonne fest im Griff
Hummeln und Astern ertasten
einander bereitwillig

kleine wilde Alpenveilchen
flattern wie Schmetterlinge
eine Libelle umschwärmt im Zick-
zack ihr Feenwesen

auch wenn irgendwo unverfänglich
ein Hirngespinst herumgeistert
es gibt diese Tage im Herbst

da flirrt die Luft vor Glück
da hängt deine Seligkeit
am seidenen Faden

Aus: Wegwarte. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2015.


ALTER EGO

Irgendwann hab ich das Alter
aus den Augen verloren
halte Ausschau
wo die Jahre geblieben sind

irgendwann hat das Alter
mich zurückgelassen
ich laufe wie lange schon
der Zeit hinterher

irgendwann wird das Alter
zu mir zurückkehren
dann sind wir wieder vereint
meine Jahre und ich gleich alt

Aus: Herbstmond. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2014.


JAHRGANG

Ich bin ein bisschen alt
geworden mit den Jahren
ist es ein Last
auch wenn ich die Hälfte
auf die leichte Schulter nehme
der Rest wiegt schwer

die Jahre haben's in sich
zwingen mich in die Knie
auch wenn ich die Hälfte
von mir weg schiebe
der Rest drückt umso mehr
die verbleibenden Jahre

lassen nicht locker
keine leichte Aufgabe
sie abzuschütteln
angesichts der Mühsal
jahraus jahrein noch ein bisschen
älter geworden zu sein

eine lästige Notwendigkeit

Aus: Herbstmond. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2014.


GALGENFRIST

Das Schicksal schlägt woanders zu
mich lässt's in Ruhe leben
bei all dem Elend auf der Welt
ein Wunder zugegeben

das Schicksal drückt ein Auge zu
es hat ein Einsehn eben
bei all dem Sterben auf der Welt
ein Wunder zugegeben

dass ich noch ganz lebendig bin
mein Schicksal doch beklage
so sind wir Menschen nun einmal
hier tritt es klar zutage

hilft dennoch nichts das Ende naht
auch dieses kleine Leben
es währt nun schon geraume Zeit
wird demnächst aufgegeben

so ist das nun mal auf der Welt
ich sag es gottergeben
und hoff das Schicksal schlägt nicht zu
ich häng an diesem Leben

Aus: Herbstmond. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2014.


Aus: DAS BISSCHEN SCHILLERN EINER SPUR

Anfang des Romans

Was übrig bleibt, wenn ein Architekt irgendein Hochhaus Stück für Stück zerlegt, heißt Apartment - in der Betonung fragwürdig, unheimatlich in jedem Winkel bedrohlich, mit einer Höhle zum Sterben-Schlafen-Lieben, Kopf an Kopf mit der Wand, unnachgiebig rauhfaserig dunkelbraun wie die stumpfen Frottee-Betttücher, an denen der Schlaf hängenbleibt, bis die Augenlider müde gezappelt weit aufgerissen aufgeben. So starre ich in dieser Nacht, in die ich nicht hineingehöre, wie ich nicht neben diesen Mann gehöre, auf einen Punkt in der Dunkelheit und verknote mich unauflöslich mit der Wachheit: Warum ich zufällig mit ihm und in aller Herrgottsfrühe und nach Griechenland soll! Würde ich ihn wecken und um Liebe bitten, die ich so nötig brauche, er würde sich empören: Wohl verrückt geworden, was? Ich könnte ihn von meinem Siechtum nicht überzeugen, es sei denn, ich stürbe tatsächlich, dann allerdings sein lebenslanges schlechtes Gewissen - ein fast heiterer Gedanke, der mich bis nah an den Schlaf entspannt, wenn ich mich nur einmal kuscheln könnte, egal an wen. Zaghaft schiebe ich mich von hinten heran, lege mich an ihm entlang, rieche mich an seiner Schulter fest, greife über die Seite nach vorn, will etwas von ihm, auch wenn es das nicht ist, hat er natürlich recht. Unersättlich, wird er sagen, zumindest denken, und um Aufschub bitten in Anbetracht der Tatsache, dass wir schon in zwei oder drei Stunden, genau in zwei Stunden und zwanzig Minuten, aufstehen müssen, falls er überhaupt bereit wäre, wach zu werden und mich zu bemerken, was nicht der Fall ist. Abgewandt in seinem Tiefschlaf gibt er den Stöhnlaut von sich, den jede Frau kennt und immer dann hört, wenn sie übertrieben menschliche Regungen zeigt, was zugegebenermaßen für Männer anstrengend ist.
lch versuche die Versöhnung, indem ich ihm zwischen die nackten Beine greife, wo es mitten in der Nacht nichts zu finden gibt. Er schlägt ein Bein über das andere und klemmt sich von mir ab. Ich liege dumm rum mit meiner Hand, die ich noch ohne größeren Stellungsverlust von seinem Bauch auf meine rechte Seite zurückziehen muss; gebe im Lagebericht ehrlich zu, dass diese nächtliche Annäherung meinerseits ihm strategisch gesehen die günstigere Position verschafft morgen, falls es morgen noch gibt, ich nicht schon gefallen bin auf diesem Schlachtfeld, wo immer auf Kosten meiner Ehre dem anderen der "Pour le mérite" an die behaarte Brust geheftet wird. Tatsächlich, ich bitte ihn, auch wenn er es nicht hört, weil er ja schläft, was ja vernünftig ist, um Vergebung für die Unkeuschheit meiner Gedanken, Taten, allein und gegen ihn, gelobe mit nach Griechenland zu fahren und mit Dionysos inkognito die Steigerungsform von bacchantisch auszukosten. Vierzehn herrliche Tage Frühling auf einer griechischen Insel mit einem zivilisierten Mitteleuropäer, der gewöhnlich, wenn er nicht schläft, zärtlich und aufmerksam ist, wenigstens einen Winter lang war er es von Samstag 16 Uhr bis Sonntag 15 Uhr. In dieser Zeit haben wir uns geliebt - abwechselnd umgekehrt in beliebiger Reihenfolge. Bei Bedarf noch das verkürzte Programm für Erwerbstätige von Mittwoch 19.30 Uhr bis Donnerstag 6.10 Uhr. Am Morgen, bis auf weiteres gesättigt, nahmen wir einen leichten Abschied, bis bald, mach's gut, ich werd's versuchen. Die Hormone bestimmen das Wiedersehen, wir telefonieren, wann und in welchem Bett wir uns treffen.
Einmal abends, kaum war er da, legte er mich zurück, schob mich zurecht, öffnete die Hose, kniete nieder - war alles ganz selbstverständlich, wie er sich meine Beine auf die Schultern legte, wie er sich auf die Lippen biss, ganz konzentriert, wie ich ihm zusah dabei.

Irgendwann surrt tatsächlich die Uhr, ganz dezent unüberhörbar quälend ein Produkt ihrer Zeit, obwohl ich eine Nacht lang darauf gewartet habe, überraschend plötzlich. Der Mann neben mir erhebt sich ohne ein Wort und rumort erst im Badezimmer, dann in seinem Koffer: Wir müssen uns beeilen.
Ich nicke; also fahre ich offensichtlich mit nach Griechenland. Ich sehe meine blässliche Gestalt im Unterhemd mit Gänsehaut an Armen und Beinen und sympathisiere mit dem Mann, der mich keines Blickes würdigt. Wir haben keine Zeit für Ausführlichkeiten und keine Lust, schlimm genug für jeden von uns, dass der andere anwesend ist.
Manchmal gibt er die Zeit an, noch l0 Minuten oder in 5 Minuten müssen wir weg; ich folge. Es ist zwar egal, ob ich den Zug und das Flugzeug, und überhaupt ist das alles lächerlich.
Im Aufzug stelle ich übertrieben pünktlich, reiße beflissen die Tür auf, lasse ihm den Vortritt, will jeden aufkommenden Fluchtverdacht zerstreuen, aber der Gedanke, ich könnte eventuell nicht, ist außerhalb seiner Reichweite, also keine Anerkennung meiner Treue und Tapferkeit; er ist mit Fug und Recht unausgeschlafen, und ich verhalte mich so demonstrativ schuldbewusst, dass sogar er kapiert, dass sich daraus Kapital schlagen lässt, und schweigt mich an. Im Aufzug stehen wir mit stelzigen Beinen zwischen unseren Koffern, ich blicke geradeaus in seinen Nacken, in dem ich meine Stirn ausruhen möchte, dieweil ich nach unten falle, hält mich keiner fest, am wenigsten er, der mir unangenehm klein erscheint, geradezu mickrig, offenbar weil wir die gleiche Größe haben.
Unten muss ich sehen, wie ich meinen Koffer aus dem engen Aufzug und hinter ihm her, der davonläuft - den Oberkörper abrupt diagonal gegen seinen Koffer gekehrt, manchmal schwingt der Koffer in die andere Hand und der Oberkörper in einem Halbkreis entgegengesetzt: Mensch mit Koffer laufend, der es geschafft hat, sich das Warten leisten kann mit einem Vorwurf auf den Lippen, als ich endlich nah genug herangekrochen bin, drücke ich die Augen zu, will nicht sehen, dass es vielleicht doch mein Liebster ist, der da steht auf dem Bahnsteig wartend.
Zwei Stationen, sagt er, dann haben wir's geschafft. Was, frage ich. Dann sind wir da. Wo, frage ich. Flughafen, sagt er.

Aus: Das bisschen Schillern einer Spur. Roman. Iatros: Potsdam 2012.


CORONA-FRÜHLING

Blauviolette Veilchennester
bunte Ostereiertulpen
in diesem Jahr
lacht der Frühling Tränen

hellviolettes Magnolienspektakel
rosarotes Kirschblütengewusel
in diesem Jahr
macht der Frühling Ernst

zartvioletter Fliederduftnebel
lauwarmer Blütenpollendunst
in diesem Jahr
erstickt der Frühling

an seinem Liebreiz

Aus: Zwangslage. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2021.


SUPERMARKT

Erst seitdem ihr Gesicht
zur Hälfte verdeckt ist
nehmen  wir es wahr

erst seitdem ihr Lächeln
hinter einer Maske versteckt ist
erwidern wir es

erst seitdem wir nur noch
die Augen sehen können
schauen wir uns an

erst seitdem Corona wütet
hat die Frau an der Kasse
ein Gesicht

Aus: Zwangslage. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2021.


FÜNF FRAGEN

Wie lange dauerte es
bis der letzte Dinosaurier
von der Erde verschwand?

Wie lange dauerte es
bis die Pest
vorüber war?

Wie lange wird es dauern
bis das Anthropozän
zu Ende ist?

Und ist dann die Erde erleichtert
wenn's den Menschen
nicht mehr gibt?

Wird sie zur Erinnerung
ein paar Skelette aufbewahren
wie bei den Dinosauriern?

Aus: Zwangslage. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2021.


FRAGESTELLUNG

Kaum hat man an eine Person
gedacht - klingelt das Telefon
kaum hat man etwas für möglich
gehalten - ist es da

kaum hat man seine Gesundheit
beschworen - ist man krank
kaum hat man das Unglück
kommen sehen - ist es da

hat nun der Gedanke
das Kommende bewirkt
oder das Kommende
den Gedanken?

Aus: Morgengrauen. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.


SCHLÄGE

Draußen ist Donnerstag
drinnen
Tag 1 nach der 2.OP

draußen ist Sonnenschein
drinnen
blüht ein Klatschmohnbild

draußen ziehen Wolken davon
drinnen
hänge ich an Schläuchen

draußen spielen Kinder
drinnen
liege ich auf dem Rücken

draußen läuten Glocken
drinnen
zähle ich die Schläge

Aus: Morgengrauen. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.


ÜBERWUNDEN

Das Leben ist
was es immer war
liebenswürdig
wunderbar

die Gegenwart ist
wie sie immer war
immerwährend
einfach da

die Zukunft ist
wie sie immer war
vielversprechend
annehmbar

der Tod ist
was er immer war
eine lächerliche
Randerscheinung

Aus: Morgengrauen. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.


Geboren 1946 in Ostwestfalen, von 1966 bis 1972 Pädagogik-Studium in Bonn, Diplom-Pädagogin, bis 2010 Lehrerin an einem Bonner Berufskolleg (Fachschule für Sozialpädagogik), seit 1980 literarisch tätig, 1982 Jahresstipendium des Deutschen Literaturfonds, längere Aufenthalte in Griechenland. Marlies Förster ist verheiratet und lebt in Bonn.

1982: Jahresstipendium des Deutschen Literaturfonds

Das bisschen Schillern einer Spur. Roman. Iatros: Potsdam 2012.

Zwangslage. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2021.
Morgengrauen. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.
Sonnenzeit. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2019.
Wegzeichen. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2018.
Libellentanz. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2017.
Kartenhaus. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2016.
Wegwarte. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2015.
Herbstmond. Gedichte. Iatros: Sonnefeld 2014.

Auskunft Autorin, Eigenrecherche

Aktualisiert 01.07.2021