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Ulla Hahn


Ulla Hahn © Karin Rocholl
Ulla Hahn
1946
Brachthausen
Hamburg
Brachthausen, Monheim/Rhein
Rheinschiene, Südwestfalen, Westfalen komplett, Rheinland komplett
Prosa, Lyrik

Arbeitsproben (5)

 

ANSTÄNDIGES SONETT

Komm beiß dich fest ich halte nichts
vom Nippen. Dreimal am Anfang küß
mich wo´s gut tut. Miß
mich von Mund zu Mund. Mal angesichts

der Augen mir Ringe um
und laß mich springen unter
der Hand in deine. Zeig mir wie´s drunter
geht und drüber. Ich schreie ich bin stumm.

Bleib bei mir. Warte. Ich komm wieder
zu mir zu dir dann auch
"ganz wie ein Kehrreim schöner alter Lieder".

Verreib die Sonnenkringel auf dem Bauch
mir ein und allemal. Die Lider
halt mir offen. Die Lippen auch.

Aus: Herz über Kopf


SO

Auf der rechten Seite
so liegen daß
die Knie das Kinn
fast berühren. Sich den
Rücken freihalten für einen
nicht zu weichen
schmiegsamen Bauch.
Beine auch die mit meinen
scharf in die Kurve gehn
zwanzigfach Zeh´n
ganz unten. Ums Herz
in der linken Brust eine
Hand die den Schlag spürt
und bleibt im Nacken
ein schlafender Mund Speichelfäden.
Morgens aufwachen.
Immer noch dasein.
So.

Aus: Herz über Kopf


SO

Für K.

eine Weste aus all diesen Sommertagen so
etwas Wärmendes für den Rücken meinetwegen ruhig nach
alten Mustern und Meistern in den paar Millionen Jahren
hat sich die Mode nicht sehr verändert Stockt
der Saft schwarz im Holunder noch immer
hebt der Mond das Meer aus dem Schlaf
stottert die Amsel an ihrem Namen weithin so
viel offenes Geheimnis
Kugelfest bitte wie die Erdkugel so bis es uns
allen gelingt ein wenig zarter zu werden
hauchzart wie das neue Häutchen überm aufgeschürften Knie.

Aus: Galileo und zwei Frauen


NACH JAHR UND TAG

Ein Waggon fährt vorbei
Er hat Kohle geladen

Männer links Frauen rechts
Zu den Kabinen im Freibad

Schuhe liegen auf einem Haufen
Im Sommerschlußverkauf

Haare werden geschnitten
Zu einer neuen Frisur

Menschen gehen ins Bad
Zum Baden

Ein Feuer brennt
Es wärmt

Rauch steigt auf
Eine Kerze verlischt

Aus: Spielende


Aus: DAS VERBORGENE WORT

Nach Schloß Burg fuhr man, um die Burg zu besuchen. Den Fußweg zur Burg säumten Buden mit Lebkuchenherzen >Ewig Dein Mein Blick fiel auf ein kleines Ding in der Ecke, nur etwa ein Viertel so groß wie die protzigen Schwestern, wenn es denn Schwestern waren. Denn das kleine Ding war schwarz und bis auf ein Röckchen aus bunten Bastfäden nackt.
Da, Opa, sagte ich, dat Heidenkind do.
Wo?
Do in de Eck.
Der Verkäufer hatte schon begriffen, blies dem Püppchen über den Kopf und wischte es am Hosenbein ab.
Jo, dat schwatte soll et sein, woll, dienerte er im Tonfall des Bergischen Landes. Dat is ja janz wat Apartes.
Nä, Heldejaad, wat wills de dann mit nem Näjer, do mußte ävver lang für bäde, bes dat dä wieß wird, frozzelte mein Vetter, der gerade eine Lehre bei Schneiders Willi in der Schmiede angefangen hatte. Sein mit Wasser straff nach hinten gekämmtes schwarzes Haar wuchs ihm in einem spitzen Winkel tief in die Stirn, was ihn, zumal seine Augen ein wenig schräg standen, dem Teufel in der Bibel ähnlich machte.
Ph, stieß ich hervor, wie immer, wenn ich meinen Willen durchsetzen wollte, und wußte, daß Erklärungen oder Bitten zwecklos waren.
Waröm soll dat Kenk dann keen Näjerpopp han? mischte sich jetzt Tante Angela ein. Sie hatte sofort begriffen, daß dieser Ladenhüter weit billiger war als alle anderen.
Heldejaad, das war jetzt die Mutter, warum nimmste dann nit das Prinzessje? Du häs et doch so mit de Prinze und Künnije.
Allein diese Bemerkung verstärkte meinen Wunsch nach dem Ding aus der Ecke mit den dicken roten Lippen, runden schwarz-weißen Augen, grinsend und glänzend aus propperem Zelluloid.
Opa, bettelte ich, dat Näjerlein jefällt mir. Esch will och für et bäde.
Wenn dat so es, sagte der falsche Großvater, dann krischs de jitz dat Pöppsche, und dann koofe mer noch eine Rosekranz. Zum Bäde. Dann wolle mer ens affwade, ob du et wieß jebät krischs.
Opa, jauchzte ich und umfaßte sein Knie. Den Rosenkranz gab es gleich in der Bude daneben. Ich wählte einen aus weißen, länglichen Perlmuttperlen mit einem silbernen Kreuz. Auch der kleine Leichnam darauf war aus Perlmutt. Ich war selig.
Mein Bruder wurde Taufpate, als wir den armen Heiden in der Regentonne auf den Namen Fritz tauften – nach dem Großvater, dem echten. Nach Herzenslust ließ sich der wackere Kerl unter Wasser stupsen, ohne unterzugehen. Grinsend schoß die Zelluloidgestalt nach jedem Untertauchen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes wieder ans Licht. Pflichtgemäß betete ich ziemlich ausgiebig, daß sich die weiße Seele Fritzens nach außen wenden möge. Aber im Grunde meines Herzens wollte ich diese Änderung nicht. Ich hatte ihn ja allen übrigen vorgezogen, weil er anders war als sie. Dennoch beschloß ich, als um die Weihnachtszeit die Sticheleien der Großmutter gegen das Heidenkind wieder zunahmen, ein Letztes zu versuchen. Ein weißes Negerlein wäre in der Tat ein wirkliches Wunder. Der Großmutter mit einem Wunder das Maul zu stopfen war eine Sache, für die sich ein großer Einsatz lohnte.
Nach der Bescherung am Weihnachtsmorgen gingen wir gemeinsam ins Hochamt in die Turnhalle, die gleich nach dem Krieg dafür hergerichtet und geweiht worden war. Eine Bombe hatte die Pfarrkirche zerstört. Es war keines von den Hochämtern, die auf Lateinisch abgehalten wurden, vielmehr eines zum Mitsingen all der schönen alten Lieder. Wie ich an diesem Morgen das Kind in der Krippe grüßte und beneidete. Sogar die Mutter nickte beifällig auf mich hinunter.
Nach der Messe durften wir ans Krippchen gehen und einen Groschen in einen Glockenturm aus Blech werfen, worauf ein Heidenkind im roten Turban und lila Pumphosen heftig nickend ein Glöckchen zog. Ich trödelte so lange herum, bis wir die letzten waren, was die milde Stimmung der Mutter schon wieder verdarb. Endlich kehrte sie mir an der Tür den Rücken zu, und ich zog den schwarzen Fritz aus der Manteltasche und legte ihn zum Christkind in die Krippe. Legte ihn dem rosigweißen Baby, das etwa doppelt so groß war wie er, in die weit ausgebreiteten runden Arme und ließ die beiden ewig lächelnden Kinder zurück.
Als um halb fünf die Glocken für die Weihnachtsandacht zu läuten begannen, war ich die erste im Flur bei Mantel und Schal. Auf dem Weg zur Turnhallenkirche kamen uns nur wenige Leute entgegen, alles Evangelische. Die meisten gingen in unsere Richtung. Ich trug meine neuen Gummistiefel mit dicken Wollsocken und hatte endlich keine Angst mehr, nasse Füße zu kriegen. Soll ich dä Schirm jitz op mache oder zoloße, räsonierte die Mutter und ließ den Knirps, ihr Weihnachtsgeschenk, per Knopfdruck aufspringen. Ihn dann wieder klein zu kriegen, weil sonst niemand den Schirm aufgespannt hatte, machte ihr Mühe. Mit hartnäckigem Plopp spannte die blau-schwarz gestreifte Seide das kräftige Gestänge immer wieder, bis die Mutter schließlich die Geduld verlor und den Schirm in voller Größe umklammert hielt wie einen Prügel. Haarfeiner Regen fiel, und der Wind vom Rhein warf die Luft wie feuchte Lappen ins Gesicht. Den ganzen Tag war es nicht hell geworden.
Die Kirchenbänke standen, obwohl wir uns in einem Strom von Kirchengängern bewegt hatten, sonderbar leer. Die Menschen scharten sich um die Krippe, nicht in Andacht und Gebet, sondern in tuschelnder Neugier. Jeder versuchte einen Blick zu tun auf das, was da in der Krippe lag. Flüsternd reckte man die Hälse aus den schweren Wintermänteln, die vor Nässe dampften.
Wat is denn do los? fragte die Mutter, aber ich zog sie schon an der Hand zur Krippe, denn ich wußte, da lag auf Heu und Stroh das Weihnachtswunder von Dondorf.
Do kütt et jo, sagte Tante Berta und machte und Platz. Die Menge öffnete sich, meine Mutter und ich traten ans Krippchen. Der Vater war mit dem Bruder gleich auf die Männerseite unter die Kanzel gegangen. Ob der Bruder auch das Krippchen sehen wollte, wer gab schon was darauf.
Heldejaad, die Mutter riß mich dicht an sich heran, wie kütt die Popp hieher?
Alle Köpfe wandten sich uns zu. Die Mutter hielt meine Hand im Zangengriff. Schräg gegenüber stand der dicke Kurt, Sohn des Brauereibesitzers, in seinem pelzgefütterten Lodenmantel und schnitt mir eine schadenfrohe Grimasse. Im Krippchen lag Fritz in Christkindchens Arm und war noch immer schwarz.
Um Jottes willen, drängte sich die Frau vom Kohlenhändler nach vorn. Sie trug im Winter ihre Fuchsstola über dem Mantel, zwei im Nacken zusammengenähte Bälger, deren Köpfe und Klauen ineinander verhakt zwischen den Brüsten baumelten.
Esch han et ald immer jewoß, mer muß sesch jo blos de Fengernääl von däm Blaach ansin. Damit ergriff sie meine Rechte, riß den Fäustling ab und hielt anklagend meine Hand mit den weißgefleckten Fingernägeln in die Höhe. Todsünden! Weiße Flecken auf den Fingernägeln logen nicht.
Die Mutter ließ meine Hand sofort los und wich mit den anderen vor mir zurück, wurde zu einem Teil der Menge, die mich mit der Kohlenhändlerin, der Heiligen Familie, Ochs und Esel, drei Hirten, zwei Schafen, einem Engel und Fritzchen einschloß. Ich begann zu weinen. Es klingelte. Der Meßdiener hatte das Satinband gezogen, das vor dem Geräteraum, jetzt der Sakristei, hing. Der Pastor trat heraus. Das Harmonium setzte ein. Doch ein Blick in die Halle belehrte den Pfarrer, daß hier etwas Seltsames vor sich ging. Anstatt zum Altar lenkte er seine Schritte zu den Beichtstühlen, dorthin, wo nahe der Marienfigur das Krippchen stand. Wieder teilte sich die Menge.
Nun, was geht hier vor? fragte er.
Dä, sagte die Kohlenhändlersfrau, dä. Dat ist doch die Höhe, Herr Pastor, dat is eine Entweihung. Vor dem Krippschen kann unsereins doch nit mehr beten. Un hie dem Blaach jehört die Popp. Maria, wandte sie sich an meine Mutter, nu sach doch ens jett. Blutübergossen stand die Mutter da und preßte die Lippen zusammen.
Isch, isch, schluchzte ich, konnte aber kein Wort herausbringen. Waat, bis mer daheem sin, stieß die Mutter hervor.
Ja, Hildegard, der Pastor ging vor mir in die Knie, was ihm schwer fiel mit seinem Bauch und den alten Gelenken. Jetzt war er fast so groß wie ich und konnte mir direkt in die Augen sehen. Ist das deine Puppe?
Ja, schluchzte ich, dat is der Fritz. Un jetauft is der auch, in der Rejentonne.
So, sagte der Pastor. Und wie kommt der Fritz in das Krippchen hier?
Den han ich do reinjelescht.
Ja, aber liebes Kind, weshalb denn? Stell dir einmal vor, alle kleinen Mädchen würden ihre Puppen in das Krippchen legen. Das Christkind hätte ja gar keinen Platz mehr.
Aber dä Fritz is doch schwaz, und dat Christkind sollte den weiß machen.
Aber Kind, der Pastor schüttelte den Kopf, jetzt nimmst du dein Fritzchen und betest schön, und nach der Andacht kommst du mit deiner Mutter in die Sakristei.
Triumphierend schaute die Kohlenhändlerin in die Runde der Frauen, die sich rasch in den Kirchenbänken zerstreuten.
Waat, bis mer dahem sin! Wenn dat der Papp hört, zischte die Mutter noch einmal. Ich schaute zum Vater hinüber. Der döste wie die meisten anderen Männer auch. Das Harmonium hob an. Ein gewaltiges >Oh du fröhliche< ließ den Vater zusammenfahren. Die Frauenstimmen begannen, die Männer fielen ein paar Takte später ein, >Gnaden bringende Weihnachtszeit Nach der Andacht gingen die Menschen schnell nach Hause. Kaum einer, den das Jesuskind im Krippchen so allein noch interessierte. Mer müsse noch in de Sakristei, wejen däm hie. Die Mutter ruckte mich am Arm, dem Vater, der mit dem Bruder an der Hand die Kirche gerade verlassen wollte, vor die Füße. Wenn de wills, kanns de mitjonn.
Der Pastor hatte seine Gewänder, Talar, Rochette und Velum, schon abgelegt und fuhr sich noch einmal mit dem Kamm durch sein kräftiges graues Haar. Sein rundes, festes Gesicht war immer stark durchblutet. Er lachte gern mit weit aufgerissenem Mund und ließ dabei eine Reihe goldgefaßter Backenzähne blitzen. Von Zeit zu Zeit fand man ihn morgens neben seinem Fahrrad in der Hecke des Kirchgäßchens liegen, wenn er im Eifer des Gefechtes für die gute Sache – den Wiederaufbau der Kirche – einen über den Durst getrunken hatte, um die Spender in eine mildtätige Stimmung zu versetzen. Meine Großmutter knickste, wenn sie ihm auf der Straße begegnete, und hielt mich auch dazu an.
Ja, mein Kind, wandte sich Pastor Kreuzkamp als erstes an mich, wo ist denn der kleine Fritz? Ich vergrub meine Hände in den Manteltaschen. Was hatte der Pastor vor?
Los, zesch dem Herr Pastor de Popp. Die Mutter schubste mich vorwärts.
Da, sagte ich und setzte Fritz neben das Weihrauchfäßchen. Mir war heiß. Die Mütze kratzte auf Stirn und Ohren, die Füße in den Wollsocken und Gummistiefeln waren geschwollen. Der Pastor drehte Fritzchen in seinen gepflegten Händen hin und her, hob ihn sogar unter das Licht der Lampe, als könne er ihm so ein Geheimnis entlocken.
Was hast du dir denn dabei gedacht, hm? Was sollte denn das Fritzchen bei dem Jesuskind?
Dat Fritzje is doch schwaz, sagte ich, und esch han doch so viel jebetet, et sollte doch weiß werden, weil et doch kein Heidenkind mehr is. Un esch hab jedacht, dat Jesuskind kann dat. Ävver isch hab noch wat verjesse... Ich nestelte meinen Rosenkranz aus der Tasche und wand ihn der Puppe ein paarmal um den Hals. So, dat und dat Christkind, dat muß hölpe.
Aber Hildegard, sagte der Pastor und warf den Eltern einen raschen Blick zu. Die standen da in der Haltung von Untergebenen, bereit, jeden Befehl willig entgegenzunehmen.
Hildegard, ist das denn wirklich so wichtig, daß Fritzchen weiß wird? Nä, sagte ich, aber die Oma sacht und die Mama, daran kann mer sehen, dat et kein Heidenkind mehr ist, un ob isch jenuch jebät han.
Aber Hildegard, du bist doch ein großes Mädchen. Glaubst du wirklich, der liebe Gott hätte die Schwarzen schwarz gemacht, wenn er sie lieber weiß gehabt hätte?
Darauf hätte ich auch selbst kommen können! Schließlich wußte ich längst, daß der Allmächtige alles kann, was er will. Der liebe Gott stand auf meiner und Fritzens Seite, gegen Mutter und Großmutter und alle Verächter der Heidenkinder. Der liebe Gott war weit vernünftiger als die Großmutter. Und mächtiger. Allmächtig eben. Der Vater hatte sich abgewandt und in die Betrachtung eines Schränkchens vertieft; hinter geschliffenem Bleiglas sah man goldenes Meßgerät schimmern. Die Mutter blickte abwechselnd zum Pastor hinauf und auf mich hinunter, griff nach dem Bruder und stellte ihn zwischen ihre Knie, schlug den Arm um ihn und preßte das Handtäschchen vor die Brust.
Der Pastor räusperte sich. Liebe Frau Palm, sagte er, Ihre Tochter hat eine ganz ungewöhnlich lebhafte Phantasie. Sie können stolz sein auf Ihre Tochter.
Die Mutter zog den Bruder näher zu sich heran. Phantasie? Für den Pfarrer hatte ich Phantasie, für die Mutter war ich dat dolle Döppe. Ich erkannte in ihren Augen diese Mischung aus Angst und Ärger, mit der sie mich ansah, wenn Aniana ihr von meinem reinen Herzen erzählte. Der Vater trat von dem Schränkchen zu uns zurück und schlug mit leichten, schnellen Schlägen die Handschuhe gegen die Hutkrempe.
So, Hildegard, sagte der Pastor, da hast du dein Fritzchen wieder. Er nahm meine beiden Hände und legte die Puppe hinein. Sie war jetzt heiß und ein bißchen feucht. Dann wölbte er seine großen warmen Hände um die meinen, daß Fritzchen aus diesem doppelten Dom nur noch mit seinem zelluloidkrausen Haar herausschaute. Paß gut auf Fritzchen auf. Und nun wünsche ich Ihnen allen noch einmal eine gesegnete Weihnacht, und die besten Grüße zu Hause.
Noch am selben Abend begann die Großmutter zu häkeln. Ein Hemd und eine Hose für Fritz. Besonders eine Hose. Aus reiner Baumwolle und weiß wie ein neuer Topflappen.


Geboren am 30. April 1946 in Brachthausen (Sauerland). Ulla Hahn wächst in Monheim am Rhein auf. Sie absolviert eine Bürolehre und holt später ihr Abitur nach. In Köln und Hamburg studiert sie anschließend Germanistik, Soziologie und Geschichte. Ihre Dissertation über „operative Literaturformen“ zählt inzwischen zu den Standardwerken der Germanistik zu diesem Thema. Ab 1978 ist Ulla Hahn als Lehrbeauftragte an den Universitäten Hamburg, Bremen und Oldenburg tätig, von 1979 bis 1989 arbeitet sie als Kulturredakteurin bei Radio Bremen. In den 80er Jahren wird sie zu einer der erfolgreichsten deutschen Lyrikerinnen, nachdem sie Anfang 1981 mit dem Gedichtband "Herz über Kopf" debütiert hatte. Ihre Gedichte zählen zum Unterrichtsstoff an Schulen und Universitäten. 1994 hat sie die Poetik-Dozentur in Heidelberg inne. Sie lebt mit ihrem Mann, dem SPD-Politiker und ehemaligen Hamburger Bürgermeister, Klaus von Dohnanyi in Hamburg.

2018: Hannelore-Greve-Literaturpreis
2013: Ehrenmitgliedschaft der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft
2011: Ehrendoktorwürde der Neuphilologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
2010: Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
2010: Ida-Dehmel-Literaturpreis
2006: Hertha-Koenig-Literaturpreis
2006: Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis
2002: Deutscher Bücherpreis, Sparte Belletristik (für: Das verborgene Wort)
1994: Cicero Preis, Sparte Kultur
1987/1988: Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim
1986: Roswitha-von-Gandersheim-Medaille
1985: Märkisches Stipendium für Literatur
1985: Friedrich-Hölderlin-Preis
1981: Villa Massimo Stipendium Rom
1981: Leonce-und-Lena-Preis

Tage in Vitopia. Penguin: München 2022.
Wir werden erwartet. DVA: München 2017.
Spiel der Zeit. DVA: München 2014 (TB-Ausgabe DVA: München 2016).
Aufbruch. DVA: München 2009.
Dichter in der Welt. Mein Schreiben und Lesen. DVA: München 2006.
Liebesarten. DVA: München 2003.
Unscharfe Bilder. DVA: München 2003.
Das verborgene Wort. Roman. DVA: Stuttgart 2001 (TB-Ausgabe dtv: München 2003).
Ein Mann im Haus. Roman. DVA: Stuttgart 1991 (TB-Ausgabe dtv: München 1994; 4. Aufl. 2000).

stille trommeln. Neue Gedichte aus zwanzig Jahren. Penguin: München 2021.
Gesammelte Gedichte. DVA: München 2013.
Wieder Worte. Gedichte. DVA: Stuttgart 2011.
So offen die Welt. Gedichte. DVA: Stuttgart 2004.
Süßapfel rot. Gedichte. Mit einem Nachwort. Reclam: Ditzingen 2003.
Gedichte fürs Gedächtnis. Zum Inwendig-Lernen und Auswendig-Sagen. DVA: Stuttgart 1999 (20. Aufl. 2008).
Galileo und zwei Frauen. Gedichte. DVA: Stuttgart 1997.
Schloss umschlungen. Gedichte. Ehrenpreis der Literarischen Gesellschaft zur 800-Jahr-Feier von Heidelberg. Edition Pongratz: Hauzenberg 1996.
Epikurs Garten. Gedichte. DVA: Stuttgart 1995.
Liebesgedichte. DVA: Stuttgart 1993.
Klima für Engel. Gedichte. dtv: München 1993.
Unerhörte Nähe. Gedichte. Mit einem Anhang für den, der fragt. DVA: Stuttgart 1988.
Freudenfeuer. Gedichte. DVA: Stuttgart 1985 (3. Aufl. 1989).
Spielende. Gedichte. DVA: Stuttgart 1983 (5. Aufl. 1987).
Herz über Kopf. Gedichte. DVA: Stuttgart 1981 (12. Aufl. 1994).

Ulla Hahn liest Wiederworte. Der Hörverlag: München 2011.
Ulla Hahn liest Das verborgene Wort. 2 CDs. Der Audioverlag: Berlin 2000.
Bildlich gesprochen. Gelesen von Ulla Hahn. CD. Der Hörverlag: München 1999.

Poesie und Vergnügen - Poesie und Verantwortung. [Vorträge: 26. Mai 1994 und 30. Juni 1994]. Müller, Jur. Verlag: Heidelberg 1994 (= Heidelberger Universitätsreden; Bd. 7).
Günter Wallraff. Zusammen mit Michael Töteberg. Beck, Edition Text und Kritik: München 1979.
Literatur in der Aktion. Zur Entwicklung operativer Literaturformen in der Bundesrepublik. Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion: Wiesbaden 1978 (Zugl.: Hamburg, Univ., Fachbereich Sprachwiss., Diss., 1978 u.d.T.: Entwicklungstendenzen in der westdeutschen demokratischen und sozialistischen Literatur der sechziger Jahre).

Zahlreiche Gedichte in Anthologien und Zeitschriften, mehrfach in der "Frankfurter Anthologie".

In Auswahl:
Silberwölklein flogen. Zu Nikolaus Lenau: Der Postillion. In: Nikolaus Lenau heute gelesen. Hrsg. von Gudrun Heinecke. Braumüller: Wien 2000.
Annette von Droste-Hülshoff. Zum 200. Geburtstag der Dichterin, die mit ihrer Naturlyrik die Grenze des poetischen Sprechens erweiterte; hinter der Maske des Edelfräuleins. In: Droste-Jahrbuch. Bd. 4. (1997/98) Aschendorff: Münster 2000.
Natürlich geht mich Ihr Privatleben nichts an. Ein Brief an Marianne von Willemer. In: Die großen Frankfurter. Hrsg. von Hans Sarkowicz. Insel: Frankfurt/M., Leipzig 1994.
Die Dichterin Else Lasker Schüler. In: Literarische Profile. Hrsg. von Walter Hinderer. Athenäum: Königstein/Taunus 1982.
Romane mit Gebrauchswert. Zur Romanproduktion des Werkkreises "Literatur der Arbeitswelt". Gem. mit Uwe Naumann. In: Basis 8, Jahrbuch für deutsche Gegenwartsliteratur. Hrsg. von Reinhold Grimm, Jost Hermand. Suhrkamp: Frankfurt/M. 1978.
Der Freie Deutsche Kulturbund in Großbritannien. Eine Skizze seiner Geschichte. In: Antifaschistische Literatur. Programme, Autoren, Werke. Hrsg. von Lutz Winckler. Bd. 2. Scriptor: Kronberg 1977, S. 131-195.

Gertrud Kolmar: Liebesgedichte. Reclam: Stuttgart 2014.
Heinrich Heine: Liebesgedichte. Reclam: Stuttgart 2011.
Johann Wolfgang von Goethe: Liebesgedichte II. Reclam: Stuttgart 2011.
Johann Wolfgang von Goethe: Liebesgedichte I. Reclam: Stuttgart 2011.
John Donne: Liebesgedichte. Reclam: Stuttgart 2011.
Stimmen im Kanon. Deutsche Gedichte. Reclam: Stuttgart 2003.
In meinem Turm in den Wolken. Else-Lasker-Schüler-Almanach 5. Gem. mit Hajo Jahn. Hammer: Wuppertal 2002.
Gedichte fürs Gedächtnis. Zum Inwendig-Lernen und Auswendig-Sagen. Ausgewählt und kommentiert von Ulla Hahn. Mit einem Nachwort von Klaus von Dohnanyi. DVA: Stuttgart 1999 (10. Aufl. 2001).
Stechäpfel. Gedichte von Frauen aus drei Jahrtausenden. Reclam: Stuttgart 1992.
Gertrud von le Fort: Die Tochter Farinatas. Suhrkamp: Frankfurt/M. 1985.
Gertrud Kolmar: Gedichte. Suhrkamp: Frankfurt/M. 1983.
Stephan Hermlin: Aufsätze - Reportage - Reden - Interviews. Hanser: München, Wien 1980 (TB-Ausgabe S. Fischer: Frankfurt/M. 1983).

Boris Hoge: Deutsche Täter, russische Opfer und Strategien der Verunklärung in Ulla Hahns "Unscharfe Bilder". In: Ders.: Schreiben über Russland. Die Konstruktion von Raum, Geschichte und kultureller Identität in deutschen Erzähltexten seit 1989. Winter: Heidelberg 2012.
Helfen jetzt Worte, Frau Hahn? Peter Voß im Gespräch mit Ulla Hahn. Videokassette. SWR: 2001.
Peter von Matt: Die verdächtige Pracht. Über Dichter und Gedichte. Hanser: München, Wien 1998.
Susanne Baackmann: Erklär mir Liebe. Weibliche Schreibweisen von Liebe in der Gegenwartsliteratur. Argument: Hamburg 1995.
Schreiben, um die Sehnsucht wachzuhalten. Gespräch mit Ulla Hahn. In: Ich glaube nicht, daß ich Atheist bin. Neue Gespräche über Religion und Literatur. Hrsg. von Karl-Josef Kuschel. Piper: München 1992.
Harald Fricke: Moderne Lyrik als Normabweichung. In: Lyrik - Erlebnis und Kritik. Hrsg. von Lothar Jordan et. al. S. Fischer: Frankfurt/M. 1988.
Kleines expressionistisches Geburtstagsbrevier. Hrsg. von Peter Engel und Michael Kellner. Michael Kellner: Hamburg 1987.
Michael Braun: Der poetische Augenblick. Essays zur Gegenwartsliteratur. Vis-a-Vis : Berlin 1986.
KLG (Beitrag von Michael Braun)
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Aktualisiert 16.08.2023