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Sandra Halbe


Sandra Halbe © privat
Sandra Halbe
Siegen-Wittgenstein
Sauerland, Südwestfalen, Westfalen komplett
Prosa, Thriller/Kriminalroman
Ja

Pressedaten

Erläuterungen und Bedingungen

Pressefotos und Logos zum Download in der Datenbank LITon.NRW

Das Westfälische Literaturbüro in Unna e.V. pflegt im Rahmen der NRW-Literatur-Online-Datenbank LITon.NRW (ehemals www.nrw-literatur-im-netz.de) seit Herbst 2003 eine Foto-Datenbank mit hochauflösenden Fotos von Autor*innen sowie Fotos und Logos von literarischen Institutionen und Projekten aus NRW. Der Service richtet sich an Medien und Literaturveranstalter*innen, die auf diese Weise unkompliziert an Pressefotos und/oder Logos gelangen können. Dieser Service ist (in der Regel) kostenlos. Wenn ein*e Autor*in / eine Institution / ein Projekt Pressefotos bzw. Logos zur Verfügung gestellt hat, ist unter dem jeweiligen Profilfoto das bzw. die entsprechende/n Symbol/e aktiv (anklickbar). Klickt man darauf, klappt bei den Pressefotos ein neues Menü aus, worüber sich das/die Foto/s herunterladen lassen; bei den Logos öffnet sich direkt ein neues Fenster, worüber diese direkt heruntergeladen werden können. Einem Download steht nichts entgegen, wenn die folgenden Nutzungsbedingungen akzeptiert werden:

Alle Rechte vorbehalten. Die Bildmaterialien dürfen lediglich für die redaktionelle Berichterstattung bzw. von Veranstalter*innen für ihre Öffentlichkeitsarbeit unter Angabe des Copyrights bzw. des*der Urhebers*Urheberin (falls im Datensatz angegeben) honorarfrei verwendet werden. Andere Nutzungen, insbesondere jede Art von kommerzieller Verwendung des vorliegenden Materials außerhalb der Medienberichterstattung oder Veranstaltungswerbung, ist ausdrücklich untersagt. Mit dem Download von Fotos bzw. Logos stimmt der*die Nutzer*in dieser Regelung ausdrücklich zu.

Infos für Autor*innen, literarische Institutionen und Projekte

Für die Bereitstellung von Fotos und Logos im Download-Bereich von LITon.NRW entstehen Autor*innen, literarischen Institutionen und Projekten keinerlei Kosten. Die Zurverfügungstellung des Fotos und/oder Logos erfolgt jedoch prinzipiell honorarfrei. Auch das Westfälische Literaturbüro in Unna e.V. als Betreiber der NRW-Literatur-Online-Datenbank stellt potenziellen Nutzer*innen dieses Services keinerlei Kosten in Rechnung. Es wird lediglich ein möglichst einfaches Verfahren angeboten, schnell an Fotos bzw. Logos für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu gelangen. Das Westfälische Literaturbüro übernimmt aus diesem Grunde auch keinerlei Haftung, falls die Download-Fotos/-Logos nicht für den Zweck der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Veranstalter*innen u.ä. genutzt werden.

Pressebild(er)

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Arbeitsproben (4)

 

Aus: LAHN SIEG TOD

"Die Sache ist so, um das gleich vorwegzunehmen", meint Alex und sieht alle in der Runde gewinnend an. "Caro und ich waren während der Schulzeit ein Paar. Und wir sind es jetzt wieder." Er greift kurz nach meiner Hand, um seine Worte zu unterstreichen, bemüht, bei den entgeisterten Gesichtern nicht loszulachen. Ich weiß, dass er noch an die Lippenstift-Episode im Flur denkt. Nach einer kurzen Pause fährt er fort: "Lasst uns über den Fall von gestern Nacht sprechen: Ein Einbrecher ist über den Balkon des Hauses in Richstein eingedrungen und hat Leopold Hoffmann in den Kopf geschossen. Seine Frau Mareike wurde niedergeschlagen und liegt derzeit im Krankenhaus in Berleburg. Die einjährige Tochter der beiden wird vermisst. Also müssen wir von einem Mord mit Kindesentführung ausgehen." Alex zählt einige Namen auf, die ich mir auf die Schnelle nicht behalten kann. "Diese Kollegen sprechen gerade mit den Nachbarn und werfen einen Blick in die umliegenden Mülltonnen. Spürhunde sind angefordert. Das ist keine schöne Vorstellung, aber wir wissen so wenig, dass wir auch einen Kindsmord in Betracht ziehen müssen. Anna, du hältst hier die Stellung, falls die Kollegen etwas rausfinden."
Die Frau mit dem Lockenkopf nickt.
"Caro und ich fahren gleich ins Krankenhaus und sprechen mit Frau Hoffmann. Wenn wir schon einmal da sind, gehen wir danach in die Pathologie. Dann können Caro und Paul Rother sich miteinander bekannt machen. Wenn wir die Ergebnisse der Obduktion von Leopold Hoffmann haben, kommen wir wieder zurück. Die Nachbarn, die in der Wohnung über den Hoffmanns wohnen, sind nachher zur Vernehmung eingeladen. Sie haben heute Nacht den Rettungswagen alarmiert. Murat, kannst du das Verhör übernehmen, wenn wir bis dahin nicht zurück sind?"
Der Mann nickt.
"Ingrid, du machst dich in der Zwischenzeit auf zum Tatort. Wir brauchen alles. Fingerabdrücke. DNS. Fotografier jeden Zentimeter dieser Wohnung. Sammel die Papiere ein, die auf dem Boden liegen. Prüfe, ob was fehlt. Heute Nachmittag treffen wir uns wieder hier."
Kollektives Nicken, gefolgt von Stühlerücken. Ich spüre, wie die Kollegen uns beobachten, als Alex und ich den Raum verlassen.

"Keine Spur vom Kind" ist die erste demotivierende Botschaft, als wir uns wieder zusammen im Besprechungsraum einfinden. Anna hat vor ein paar Minuten sämtliche auf Nora angesetzte Beamte angefunkt, aber es gibt nach wie vor nichts Neues.
"Keine Spur vom Täter", fügt Murat hinzu, der die Zeugenaussagen der Nachbarn koordiniert.
"Und keine brauchbare Aussage von Mareike Hoffmann", ergänzt Alex. "Die im Übrigen Oscar Hoffmanns Tochter ist."
Ein Raunen geht durchs Besprechungszimmer.
"Kann mir jetzt endlich mal jemand erklären, wer dieser ominöse Oscar Hoffmann ist?", frage ich genervt.
Wider Erwarten ist es Anna, die sich aufrichtet und mir antwortet. "Oscar Hoffmann ist der Besitzer eines Landmaschinenimperiums mit Sitz in Bad Berleburg", erklärt sie. "Mittlerweile gibt es dafür hier in der Gegend nur noch sein Unternehmen. Wann immer dein Traktor den Geist aufgibt oder du einen neuen Mähdrescher brauchst: Oscar Hoffmann ist deine Anlaufstelle. Und das nicht nur in Wittgenstein, sondern im ganzen Siegerland und Sauerland."
"Also müssen wir unsere Pressemitteilung noch mal überarbeiten", sagt Alex mit zusammengebissenen Zähnen. "Zumindest müssen wir auf Fragen in dieser Richtung vorbereitet sein."

Sie schreit. Ununterbrochen schreit sie. Erst dachte er, sie wäre überdreht. Nachts um eins aus dem Bett gerissen zu werden ist für einen Erwachsenen schon nicht angenehm. Wie muss es da für ein Baby sein?
Aber sie hört nicht auf. Und das, obwohl er Hasi mitgenommen hat. Nora liebt Hasi abgöttisch. "Hasi" war ihr erstes Wort, das einzige, das sie immer wieder sagt. Selbst an Tagen wie diesem, an denen sie so gut wie gar nicht spricht. Den Plüschhasen mitzunehmen war wichtig. Und er ist froh, dass er bei allem, was schiefgelaufen ist, wenigstens daran gedacht hat.
Aber Hasi beruhigt Nora nicht. Nicht dieses Mal. Sie nimmt ihn nicht einmal wahr.
Er hätte nie gedacht, dass das weinende Bündel in seinen Armen ihm zu schwer werden könnte. Aber jetzt trägt er das Baby seit Stunden vor und zurück. Quer durch den Raum. Immer wieder. "Ich glaube, mir fallen die Arme ab", ächzt er.
"Du musstest dich noch nicht lange um sie kümmern", kommt die Klage aus dem Telefon. "Warte mal ab, bis du sie den ganzen Tag an der Backe hast."
Er erwidert nichts, denn sie hat recht. Er wüsste nicht, wie er das hier ohne sie überstehen würde.
"Nur noch ein paar Tage", beruhigt er sie. Ein paar Tage, dann würden sie es geschafft haben.
Er sieht in das verzerrte weinende Babygesicht. "Durchhalten", murmelt er.
Er weiß nicht, ob er damit dem Baby Mut zuspricht oder sich selbst.


Aus: WITTGENSTEINER SCHATTEN

"Robert Hellmar sitzt seit zehn Jahren wegen Mordes an seiner Frau hier im Gefängnis", erklärt Alex. "Wir, oder besser gesagt dein Vater, konnten ihn damals nur mit diesem einen Mord in Verbindung bringen. Die anderen drei Morde hat er zwar gestanden, aber über das Motiv hat er hartnäckig geschwiegen – bis jetzt. Hellmar ist an Krebs erkrankt und hat vermutlich nicht mehr lange zu leben. Er will sich anscheinend alles von der Seele reden, bevor er stirbt."
Ich nicke. Wenn Serienmörder sterben, wollen sie sich entweder mit einem großen Knall verabschieden. Oder sie wollen gestehen.

"Sie wollten doch wissen, warum ich aus Laasphe weggezogen bin", eröffne ich mein viertes Gespräch mit Hellmar, während ich mir die Arme reibe und versuche, nicht mehr so sehr zu zittern. "Ich hasse Schnee. Ich hasse Glatteis und umgestürzte Bäume. Ich hasse es, Schnee zu schippen, und ich hasse diese furchtbare Kälte." Ich gieße mir einen Schluck Kaffee ein.
Hellmar zieht die Augenbrauen hoch. Er hat die Kanne wieder nicht angerührt.
"Keine Sorge, ich mache nicht noch mal den Fehler, dieses Zeug trinken zu wollen. Ich brauche nur was, um mich aufzuwärmen", beruhige ich ihn und lege meine Hände um den Becher.
Hellmar lacht leise. "Wenn Sie mir mal einen Gefallen tun wollen, bringen Sie mir einen richtigen Kaffee mit", sagt er. Lachfältchen haben sich um seine Augen gebildet. "Wie Sie schon festgestellt haben, hat die Flüssigkeit, die man uns hier kredenzt, diesen Namen nicht verdient."
"Wenn wir dann wieder so offen miteinander sprechen wie gestern, haben wir einen Deal", antworte ich und seufze wohlig, als das Gefühl langsam in meine Finger zurückkehrt.

Ich laufe den kleinen Weg vom Parkplatz hinauf zum Wasser. Die Sonne steht so tief, dass sie mich blendet. Oben lasse ich den Anblick, der sich mir bietet, auf mich wirken. Der Himmel ist strahlend blau. Die Seeoberfläche ist gefroren. Darauf liegt eine dünne Schneedecke. Die Bäume ringsherum sind kahl, die Böschungen sind teils noch eingeschneit. Alles ist in ein weiches Licht getaucht. Ein paar Minuten starre ich einfach nur auf den See und atme die frische, klare Luft ein. Ein paar Spaziergänger, die höflich grüßen, reißen mich aus meinen Gedanken. Ich grüße zurück und wende mich nach links. Hier ist der Weg nicht geteert, sondern gekiest und matschig. Ich frage mich, ob es eine gute Idee ist, hier laufen gehen zu wollen. Aber das ist jetzt erst einmal nebensächlich. In der Innentasche meiner Windjacke sind mein Notizbuch und ein Stift verstaut. Im Gehen krame ich beides hervor.
Ich nähere mich der Bank, auf der sie ermordet wurde. Es ist die letzte von vier Bänken auf einer kleinen Wiese, bevor der Weg wieder schmaler wird. Links neben ihr befindet sich ein Geländer aus Holz. Vielleicht hat Hellmar sich an diesem festgehalten, um mehr Stabilität zu bekommen. Oder er hat sich sogar dagegengelehnt, um sich nach der Tat ein paar Minuten lang an seinem Opfer zu ergötzen, bevor er es hier zurückließ.


Aus: ALS SIE LICHT INS DUNKEL BRACHTE

Betti
Meine Mutter Maria war eine junge Frau, als meine Großeltern damals beschlossen, nach Deutschland einzuwandern. Freunde von ihnen waren bereits im Land und hatten sich ein neues Leben aufgebaut. Viel hatte man ihnen versprochen von "Bella Germania". Hier sollte es ihnen bessergehen als zu Hause im fernen Italien.
Doch dass man ihnen in dem kleinen Dorf, wo sie landen würden, zunächst mit Argwohn begegnen sollte, dass man sie "Spaghettifresser" nennen würde, das hatte man ihnen nicht gesagt. Die Leute warfen ihnen hinter vorgehaltener Hand vor, dass sie den Deutschen nur das Geld aus der Tasche ziehen und damit wieder in ihre Heimat verschwinden würden. Dass der Staat für sie viel mehr tue als fürs eigene Volk. Mit dem Knüpfen von Kontakten taten sie sich dementsprechend schwer, sprachen sie doch keinen Brocken deutsch. Die Einheimischen ignorierten sie weitgehend, im Dorf wurde die Familie geschnitten. Meine Großeltern ließen sich trotzdem nicht unterkriegen. Ein kleines leerstehendes Gebäude in der Nähe des Marktplatzes war schnell gefunden. Mit jeder Menge Arbeit, Schweiß und der Hilfe der wenigen anderen Italiener, die es in unsere Gegend verschlagen hatte, bauten sie es nach und nach zu einem gemütlichen Lokal um. Einen kleinen Kredit hatte mein Großvater bei der Bank herausholen können - keine Ahnung, wie er das angestellt hat. Die Renovierungskosten und die Miete für die ersten Monate konnten sie damit vorerst bezahlen, und so feierte es bald Eröffnung, ihr eigenes kleines Restaurant "Da Giovanni".
Auch wenn die Leute in unserem Dorf über die Italiener schimpften, genossen sie das Essen, das meine Nonna ihnen servierte. Schnell sprach sich herum, dass es bei Giovanni die besten hausgemachten Nudeln im Umkreis gab. Das herzliche Auftreten meiner Großeltern tat sein Übriges. Mit einem Mal war das Lokal ständig gut gefüllt und der Andrang ließ nicht nach. Abends kamen die Arbeiter auf ein schnelles Bier an der Theke herein, um den Feierabend einzuläuten. Am Wochenende war unser Restaurant ein beliebtes Ziel für Familien: Ja, meine Großeltern waren in Deutschland angekommen.

Philip
"Ein halbes Kalb? Ich glaube nicht, dass wir das beim Fleischer so bestellen können", sagte ich amüsiert, als ich Haithams Einkaufszettel überflog.
"Aber du hast gesagt …"
"Ich weiß, was ich gesagt habe: Du sollst alles aufschreiben, was du zum Kochen am Montag brauchst. Aber das wird wahrscheinlich schwierig werden", versuchte ich, ihm zu erklären. "Lass uns einfach eine ordentliche Portion Fleisch einkaufen, dann bekommen wir das schon hin."
In diesem Moment klingelte es an der Tür. "Das ist Timing", begrüßte ich Betti. "Wenn du magst, können wir direkt los." Ich rief nach Haitham und dann machten wir uns zu dritt auf in den nächstgelegenen Supermarkt.
"Wofür brauchen wir das denn?", fragte ich und zeigte auf die Kuvertüre, die im Einkaufswagen gelandet war.
"Ich mache einen Nachtisch, habe ich mir überlegt", sagte Betti.
"Meinst du nicht, dass wir dann ein wenig zu viel auftischen? Immerhin machen wir eine Vorspeise und zwei Hauptgerichte."
"Es wird ja nur ein kleiner Nachtisch. Außerdem hast du mir erzählt, dass es bei der Veranstaltung am Montag um Esskultur geht. Und zur deutschen Kultur gehört nun mal ein kleiner Nachtisch." Triumphierend ließ sie die Kuvertüre zurück in den bereits randvollen Wagen fallen, bevor sie ihren Streifzug durch den Laden fortsetzte.


Aus: ALS ICH ZU SEINEM SCHATTEN WURDE

Franzi
Setz dich doch. Ich muss mit dir reden, ich muss es dir erzählen, denn ich ertrage nicht, wie du mich anschaust. Ich kann das, was passiert ist, nicht rückgängig machen. Aber ich kann dir erzählen, wie es dazu kam. Vielleicht verstehst du es dann ein wenig. Ich will mich nicht entschuldigen, denn was ich getan habe, tut mir nicht leid. Aber ich will dir gern erklären, warum ich Tobias umgebracht habe. Und ich hoffe, dass du mich anhören wirst. Nur ein Weilchen. Nur, bis du deinen Kaffee ausgetrunken hast. Dann kannst du dich immer noch entscheiden, ob du den Rest auch noch hören willst. (…) Neugierig haben sie mich damals angestarrt, als ich im Gerichtssaal saß und meinem Urteil entgegensah, und auch du konntest deine Augen nicht von mir lassen. In ihnen habe ich die gleiche Frage gelesen wie bei allen anderen. "Warum? Warum bist du nicht einfach gegangen? Warum musstest du das Messer nehmen und dich von ihm losschneiden?" Nun, ich werde es dir verraten.

Franzi
Das Aufeinandertreffen mit Tobias hatte mich aufgewühlt. Aber nichts hilft besser gegen Liebeskummer als Abwechslung. Und die hatte ich in der neuen Stadt genügend. Das Studium nahm von Anfang an einen Großteil meiner Zeit in Anspruch. Ich stellte fest, dass ich das Dolmetschen liebte und die richtige Entscheidung getroffen hatte. Meine Restzweifel, so klein sie auch gewesen waren, machten meine Kommilitonen zunichte, mit denen ich eine großartige Zeit verlebte. Ich richtete mich in meinem neuen Zuhause ein und fand in Michi eine gute Fremdenführerin. Neben den Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigte sie mir die beste Pizzeria, die beste Cocktailbar, die beste Bibliothek. Und schließlich das kleine Café, in dem ich viele wunderbare Stunden verbringen sollte. Es gefiel mir auf Anhieb, in einer ruhigen Seitenstraße gelegen und nicht so überlaufen wie andere Cafés in der Innenstadt. Auch die Einrichtung war etwas Besonderes. Ich mochte das ach so stylische Flair der Café-Ketten nicht, in denen die Yuppies in der Mittagspause ihren Soja-Latte "To Go" abholten oder bei einem solchen an einem der engen und gedrungenen Tische auf ihre Laptop-Tastaturen einhämmerten, bevor sie an ihre jeweiligen Arbeitsstätten zurückströmten, um dort genau dasselbe zu tun. Ich wollte kein Café, in dem das Leben an mir vorbeirauschte, sondern eines, in dem die Zeit stillstand, eine Oase, in der ich mich vom Treiben da draußen zurückziehen konnte. Hier fand ich, was ich suchte (…). In Bettis Café kam ich mit Kommilitonen, um in entspannter Atmosphäre die Übung für den nächsten Tag durchzuspielen oder die Aktivitäten für das nächste Wochenende zu planen, an dem ich nicht nach Hause fahren sollte. Ich kam mit Michi, um über Gott und die Welt zu sprechen. Und ich kam, um zu lesen. Stück für Stück holte ich mir zurück, was Tobias mir genommen hatte.

Jan
Die weit aufgerissenen Augen, als ich sie anfangs angesprochen hatte, das Lächeln, das immer ein wenig fragend gewirkt hatte, zeugten von ihrer Unsicherheit. Bis wir uns besser kennen gelernt und sie sich nach und nach, immer ein Stückchen weiter, geöffnet hatte. Nun schweifte ihr Blick jedoch immer öfter ab. Sie sprach leise und ihre Stimme gewann immer erst während unserer Gespräche wieder an Festigkeit. Die Hände waren fahrig unentwegt auf der Reise, zupften am Rock herum, strichen Haarsträhnen hinter das Ohr, Finger umkreisten Finger, bis mir vom Zusehen fast schwindlig wurde. Wie die Schminke schien Franzi auch diese neuen Angewohnheiten allmählich abzulegen, wenn sie das Café betrat, um wieder zu der natürlichen, herzlichen Schönheit zu werden, die ich kennengelernt hatte. Dass diese Verwandlung zurück in ihr altes Ich von Mal zu Mal länger dauern und irgendwann gar nicht mehr passieren würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen.


Sandra Halbe, Jahrgang 1985, wurde im Sauerland geboren. Nach ihrem Studium in Köln, Aix-en-Provence und Newcastle arbeitete sie zunächst in Wiesbaden. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Siegen-Wittgenstein.
Wenn sie nicht schreibt, liest sie selbst alles, was ihr vor die Nase kommt. Man findet sie auch auf der Yogamatte oder Rockkonzerten.

Als sie Licht ins Dunkel brachte. Selbstverlag: 2017.
Als ich zu seinem Schatten wurde. Selbstverlag: 2016.

Lahn Sieg Tod. Kriminalroman. Emons: Köln 2022.
Wittgensteiner Schatten. Kriminalroman. Emons: Köln 2020.

Christian Völkel: Warum es die Kommissarin nicht leicht hat. In: Siegener Zeitung, 20.07.2022.
In Bad Laasphe auf den Spuren eines Serienmörders. In: Siegener Zeitung, 28.09.2020.

Ich habe schon immer gern Geschichten erzählt und begann schon als Jugendliche, Kurzgeschichten zu schreiben. 2016 und 2017 erschienen meine ersten Romane im Selbstverlag, beide Beziehungsdramen mit Krimielementen.
2020 veröffentlichte ich den ersten Kriminalroman im Emons-Verlag, der zweite folgte 2022. Diese Geschichten spielen in meiner Wahlheimat Siegen-Wittgenstein. Die Krimis lassen sich unabhängig voneinander lesen, doch es gibt immer dasselbe Ermittlerteam.

Auskunft Autorin

Aktualisiert 29.09.2022