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Verena Raupach


Verena Raupach © privat
Verena Raupach
1943
Göttingen
Mönchengladbach
Mönchengladbach
Niederrhein, Rheinland komplett
Lyrik

Arbeitsproben (6)

 

SIEBENSCHLÄFER

Für D.

Der Herbst wird bald kommen
mit dunklen Abenden
und traurigen Brisen in den Eichen
der Sturm wird sich brechen
am schorfigen Himmel...
schon äugen Elstern
ins geplünderte Nest

Doch jetzt ist Sommer noch
noch keucht die Sonne
unschlüssig
von Blüte zu Blüte
noch gleitet das Mondauge
diskret durch die Nacht

Und ich flüstere dir zu
dass ich dich suche
ich weiß nicht wo
vielleicht in anderen Gesichtern
im staubigen Spiegel der Rose vielleicht
im Wildpark meiner Gefühle...
Sag du es mir !
Der Wind höhnt mir zu
dass du fern seist
als ob ich das nicht selber wüsste...

Fassungslos höre ich das Wispern des Windes
und denke an jene Momente
als er dir ins Haar fuhr
und mit ihm spielte
als seiest du sein

An deine zartgemaserten Augen
helldunklen Müdigkeiten
an die zerbrechlichen Seufzer
die deiner Stimme nachglommen
im breitgelagerten Tal
ich schaute dich an von der Seite
und tastete nach deinem Atem

Es ist ein Traum
ein Traum, nicht wahr ?
Ich zünde Lichter an
die der Wind wieder löscht
nichts kann mich erlösen
ich kann die Welt nicht mehr denken
ich weiß nicht mehr wohin ich geh...
nur die Sterne, ach ja, die Sterne
bleiben dort, wo sie immer waren


MALDOROR

Schwarz und rissig bist du
Fremder
schwarz wie der Falter der Nacht
und rissig wie die gemordete
Königin der Bienen
von unbeweglicher Ekstase

Nichts ließest du zurück
nicht einmal ein Taschentuch
dessen kostbarer Schnee
die Wunden des Himmels
verband mit kühler Durchsicht
mit dem Duft der Mimose

Zornesfalten über dem Meer
der Tramontana wütet
kräuselt Gebirge und Wälder
mit gereizten Attacken
abgründiges Seufzen
verheerend haust er auf
schweigenden Lippen

Kommt der Chirokko
legt er seinen Wüstentraum
in das grüne Silber der Oliven
und ich glaube
Maldoror Fremder
du wirst die Pforten öffnen
einer höheren Wirklichkeit


ECHNATON

Obelisk
Sonnenlanze
möge das Gestirn
beim ersten Tageslicht
seine blasse Rose hängen
in den magischen Zenit

denn der Herrscher
bedarf seiner
- so schön erscheinst du am Lichtort
des Himmels, lebendige Sonne -
wie das weiße Segel
das die Barke bekrönt
über dem gelben Nil

er ist der Eine
er ist der Viele
er rauscht durch die
Himmel in vollem Ornat
er bildet den Schrei
aus aller Schweigen
sein Augenlicht
brütet in fruchtbarem Schlamm

doch im bleichen Fluß
lauert der schuppige Sobeck
lüsternbereit
den Gott zu verschlingen
in launischer Nacht


QUETZALCOATL

Lange brütete die Sonne schon
als das Ei endlich aufplatzte
den Vogel ausspieh
mit nassem Gefieder

Zum Gott erhoben
breitete aus seine Schwingen
ein bunter Traum
fiel durch Wald und Dickicht
durch Dunst und Regen
dem Eroberer
zu Füßen

Doch eine Feder
grünschillernd
bohrte sich
in den Grund des Meeres
dessen Schimmel
den Fels bestürmen
mit zornigen Hufen


TRISTAN

Ihr meine Paradiese
ihr meine Seelengärten
unerbittlich gingen die Tage dahin
und die Schattenbäume berühren
die Zäune nicht mehr
die Vögel zogen fort
einer nach dem anderen.

Habe ich die Schönheit gesehen
oder nur das Häßliche geschmeckt?
Wer bin ich daß ich suche?
Der Tod tritt ein täglich
schließt leise die Regenpforte
und ich habe nur geahnt.

Ich werde deine Augen ausrufen
wenn ich den Schatten wiedersehe
den Schatten
der auf leisen Schwingen
meinen Atem netzt
und du
Gesegneter der Schönheit
wirst ihm Beute
wenn du ihn arglos
kommen siehst


LIEBESZAUBER

Weißt du wo weiße Gänse äsen?
Dort wo manchmal Glocken läuten
laut läuten sie
besonders mittags
wenn weiße Haut blutet
du hast dich geschnitten
ich sehe es ganz genau:
Ein feiner Riß aus dem es tropft
Postkarte an Parzival

Maare
blicklose Seen im Schnee
das weiße Hemd reiße ich runter
breche das Siegel aus rotem Lack
die Botschaft ist eindeutig
oh ruchloser Gedanke
splitternde Wirklichkeit
Bugwellen rollen
Echo einer nagenden Begierde
dort wo weiße Gänse äsen
ist der Himmel rubin


Geboren am 17. September 1943 in Göttingen. Sie studierte Literaturgeschichte und Geschichte. Seit 1953 lebt Raupach in Mönchengladbach. Sie ist Autorin, Übersetzerin und Herausgeberin. Sie veröffentlichte zahlreiche Rezensionen, Essays, Lyrik, Prosa, Kindergeschichten und Reiseberichte. Mitglied im VS.

Besteht die Liebe. Lyrik und Prosa. Ferber: Köln 2004.
Außer Reichweite. Lyrik und Prosa. Geest-Verlag: Ahlhorn 2001.

raunächte. Gedichte. Ferber-Verlag: Köln 2000.
Das Paradies ist deine Sache nicht. Gedichte und Illustrationen. Geest-Verlag: Ahlhorn 2000.
Erlkönig & Co. Moderne Balladen in Vers und Prosa. Geest-Verlag: Vechta 2002.

Die Katze, der Baum und die Nachtigall. Eine Geschichte für kleine und große Kinder. Geest-Verlag: Ahlhorn 2001.

www.deutsche.sprachwelt.de

Beiträge in (Auswahl):
Liebe Schenken. Lyrik und Prosa. Ferber-Verlag: Köln 2005.
Nationalbibliothek des Deutschsprachigen Gedichtes. Ausgewählte Werke VIII. Realis Verlagsgesellschaft 2005.
6 Richtige. Lyrik lebt. Ferber-Verlag: Köln 2005.
Gedichte. Best german underground-lyriks. Acheron Verlag: Leipzig 2004.
Amour de tête. Platonische Liebe. Geest-Verlag: Vechta 2003.
Auf den Weg schreiben. Haiku-Anthologie 2003. Neue Cranach Presse Kronach: 2003.
Tage in Dur und Moll. Edition Wendepunkt: Weiden 2002.
Lyrische Saiten. Edition Wendepunkt: Weiden 2002.
Fluchtzeiten. Eine Lyrik-Anthologie Zum 11. September und seine Folgen. Geest-Verlag: Vechta 2002.
Rot trifft Blau. Lyrik & Prosa. Ferber-Verlag: Köln 2002.
Ein Koffer voller Träume. Neue Cranach Presse Kronach: 2002.
Nationalbibliothek des Deutschsprachigen Gedichts. Ausgewählte Werke V. Realis Verlagsgesellschaft: Gräfelfing 2002
Tränen. Essays, Prosa, Lyrik, Fotografien und Grafik zum Thema Tränen. Geest-Verlag: Ahlhorn 2001.
Ich sags wie's ist. Frauen schreiben über Männer, Männer schreiben über Frauen. Anthologie der Gleichstellungsbeauftragten der Städte und Gemeinden aus dem Kreis Neuss und der Stadt Mönchengladbach: 2001.
Die Spur des Gauklers in den blauen Mond. Eine Anthologie mit Beiträgen aus Kanada, der Ukraine, Portugal, Österreich und der Schweiz. Geest-Verlag: Ahlhorn 2001.
Spinny-Tales. Menhir-Sonderband: 2001.
Herbst. Lyrik dreier Generationen. Geest-Verlag: Ahlhorn 2001.
Angsthasen. Lyrik, Prosa, Essays. Geest-Verlag: Ahlhorn 2001.
Groschen gefallen... Haiku-Anthologie. Neue Cranach Presse: Kronach 2000.
Extra-Tipp: Mönchengladbach 2000.
bin feuer und flamme. erotische Lyrik & Prosa. Verlag Ferber und Partner: Köln 1999.
Von Traum- und anderen Männern. Lyrik & Prosa. Verlag Ferber und Partner: Köln 1999.
Liebe, Lust & Leichen. Lyrik & Prosa. Verlag Ferber und Partner: Köln 1998.
Kopfreisen. Lyrik & Prosa. Verlag Ferber und Partner: Köln 1998.
Mönchengladbacher Literaturtage 1997. Coming Out. Gedichte und Texte von Frauen: Mönchengladbach 1997.

fiori blu. Höhepunkte moderner Lyrik. Geest-Verlag: Vechte-Langenförden 2002.
Erlkönig & Co. Moderne Balladen in Vers und Prosa. Geest-Verlag: Vechta-Langenförden 2002.

Volksfest 5. Das gesellschaftliche Literaturmagazin 2.Quartal 2000.
Mitteilungen des Deutschen Katalanistenverbandes. Nr. 39. 2000.
Mitteilungen des Deutschen Katalanistenverbandes. Nr. 37: 1999.
Schau-Fenster. Künstlerforum Erftstadt e.V. Lyrik und bildende Kunst. Ausstellungsbeiheft: Erftstadt 1999.

Weitere Publikationen in Literaturzeitschriften und im Internet.

Auskunft Autorin

Aktualisiert 04.07.2021